Quelle Bieler Tagblatt:
«Drugwipe»: Fehlerhafter Test 
 
Jagd auf Kiffer nach dem Prinzip Zufall 
In Solothurn und einer Reihe weiterer Kantone setzt die Polizei den  
Drogenschnelltest «Drugwipe» ein und preist ihn als Wunderwaffe gegen  
bekiffte Autofahrer. Doch: Der Test funktioniert nicht. 
 
Patrick Studer 
 
Der neue Drogenschnelltest «Drugwipe» ist noch unzuverlässiger als eine  
Fünftageprognose vom Dach des Schweizer Fernsehens: 
Bei Cannabis zeige das  
Gerät in neun von zehn Fällen ein falsches Ergebnis, schreibt die  
französische Zeitung «Le Monde». Der Mann, der es wissen muss, nennt keine  
konkreten Zahlen, weil die Untersuchungen noch im Gang seien. 
 
Mehrere Kantone dabei 
 
Aber: «Die Fehlerquote ist tatsächlich katastrophal hoch», bestätigt Werner  
Bernhard vom Institut für Rechtsmedizin in Bern. Er leitet die Abteilung  
für forensische Chemie und Toxikologie und arbeitet zurzeit an einer Studie  
im Rahmen eines EU-Forschungsprojekts: Dabei untersucht er mit seinen  
Mitarbeitern die Zuverlässigkeit des neuen Drogenschnelltests «Drugwipe». 
Seit Anfang Jahr setzt die Solothurner Kantonspolizei diesen Test ein. Auch  
die Kapos von Zürich, Basel und Zug und weitere vertrauen auf den  
dreissigfränkigen Wegwerftester. Die Sache tönt simpel: Ein wenig Speichel  
genügt, die unangenehme Urinprobe entfällt, das Testergebnis steht  
innerhalb weniger Minuten fest. 
 
Bei Cannabis unbrauchbar 
 
Eines steht trotz unfertiger Studie bereits fest: Die Fehlerquote ist - vor  
allem bei Cannabis - extrem hoch. 
Bernhard kann nicht verstehen, dass der  
«Drugwipe» eingesetzt wird, noch bevor aussagekräftige Studien über dessen  
Genauigkeit und Empfindlichkeit vorliegen: «Es gibt bis heute keinen  
einzigen Drogenschnelltest, dessen Zuverlässigkeit wissenschaftlich  
nachgewiesen werden konnte», sagt er. Das Institut für Rechtsmedizin der  
Universität Bern arbeitet mit bei dem EU-Forschungsprojekt «Rosita» (Road  
Side Testing Assessment, «Drogenschnelltestbewertung»). 
Experten aus sechs europäischen Ländern und aus verschiedenen  
amerikanischen Bundesstaaten untersuchen in dem Projekt die Zuverlässigkeit  
der verschiedenen Drogenschnelltests und wollen Qualitätsstandards  
festlegen. Im letzten November trafen sie sich in Spanien, um die neusten  
Erkenntnisse auszutauschen. 
Fazit: Die verschiedenen Drogenschnelltests funktionieren oft nicht. Bei  
ersten Zwischenergebnissen aus dem Berner Institut für Rechtsmedizin kam  
klar heraus: Der «Drugwipe» ist noch nicht ausgereift. «Die Fehlerquote ist  
bei Cannabis zu hoch», sagt Bernhard, «um Cannabis nachzuweisen, ist der  
Test nicht geeignet.» Bei anderen Drogen scheint der Test weniger ungenau  
zu sein, noch fehlen aber gesicherte Erkenntnisse. 
 
Kanton Bern wartet ab 
 
Die Berner Kantonspolizei setzt deshalb auf Urinproben. «Solange der  
‹Drugwipe› nicht so zuverlässig ist wie die Urinprobe, werden wir dabei  
bleiben», sagte der Mediensprecher der Kantonspolizei Jürg Mosimann auf  
Anfrage. Die Ergebnisse der Urinproben seien sehr präzise und stimmten fast  
immer mit der rechtsverbindlichen Blutprobe überein, so der Polizeisprecher. 
«Die Drogenschnelltester sind noch nicht empfindlich genug», sagt Bernhard.  
THC, der Hauptwirkstoff von Cannabis, wird schnell abgebaut, erklärt der  
Fachmann. 
«THC ist nicht wasserlöslich, deshalb ist es schwierig, den Stoff  
im Schweiss oder Speichel nachzuweisen», nennt er eine weitere  
Schwierigkeit. Der zuverlässige Drogenschnelltest werde kommen, aber das  
dauere wahrscheinlich noch Monate oder vielmehr Jahre, meint Bernhard:  
«Zuerst muss noch intensiv weitergeforscht werden.» 
 
Solothurn behält Test 
 
Die Kantonspolizei Solothurn hingegen glaubt an den Nutzen des  
Schnelltests: «Herr Bernhard beruft sich auf wissenschaftliche Aspekte, die  
Polizei aber auf pragmatische und fronttaugliche Methoden», schreibt  
Herbert Ris, Chef Verkehrstechnik bei der Kantonspolizei Solothurn, in  
einer Stellungnahme: «Dieses Produkt wurde in der Vergangenheit von  
verschiedenen schweizerischen Polizeikorps getestet und als tauglich befunden.» 
Und: Die Kantonspolizei Solothurn habe sich «im Rahmen einer möglichst  
einheitlichen Doktrin im Polizeikonkordat Nordwestschweiz für das Produkt  
‹Drugwipe› entschieden», verlautet dort weiter. Der «Drugwipe» werde aber  
auch mit von anderen Korps eingesetzten Produkten verglichen, was bedeute,  
dass die Kapo Solothurn in einem Jahr möglicherweise ein anderes Produkt  
einsetzen werde.